Das Anliegen eines Zahntechnikers ist es, den Patienten mit einer hochwertigen zahntechnischen Restauration zu versorgen, die im Dienste der Gesundheit und des Wohlbefindens steht. Um eine gleichbleibende hohe Qualität zu gewährleisten, sind neben der zahntechnischen Verarbeitung im Labor vor allem die Werkstoffe und Verarbeitungsprozesse von entscheidender Bedeutung. Hier kommt die Medizinprodukterichtlinie ins Spiel.

Die Umstellung der aktuell gültigen Richtlinie 93/42/EWG (kurz „MDD“ – Medical Device Directive) auf die neue Medizinprodukteverordnung Nr. 2017/745 (kurz „MDR“ – Medical Device Regulation), deren Geltungsbeginn sich aufgrund der COVID-19 Pandemie vom 26.05.2020 auf den 26.05.2021 verschoben hat, wirkt sich nicht nur auf die Medizinproduktehersteller aus, sondern bedeutet auch für die Dentallabore ein hohes Maß an Bürokratie, die eine erhebliche Herausforderung darstellt. 

Kurzes Vorwort zur MDR

Welche Anforderungen stellt die MDR an die Dentallabore? Auch wenn sich diese Frage nicht kurzerhand beantworten lässt, versuchen wir im Folgenden eine Einschätzung zu den Anforderungen zu geben, die im Zuge des Inkrafttretens der MDR an die Dentallabore mindestens gestellt werden. Wir bitten Sie zu berücksichtigen, dass neue Gesetze und Verordnungen und somit auch die MDR grundsätzlich einen gewissen Interpretationsspielraum zulassen und viele Punkte aus der neuen Medizinprodukteverordnung klärungsbedürftig sind bzw. spezifiziert werden müssen. Dieser Beitrag soll lediglich einen groben Überblick geben und ist ohne Gewähr.

Die Beantwortung dieser Frage hängt wesentlich davon ab, ob es sich bei Dentallaboren um Hersteller von Serienfertigungen (z.B. bei digitalen Fertigungen, die in einem Dentallabor gefertigt werden) oder Sonderanfertigungen handelt. Bezieht man sich auf den VDZI (Verband Deutscher Zahntechniker-Innungen) und auf ein Statement der Europäischen Kommission (Ref. Ares(2017)4450987-12/09/2017) sprechen sich beide  eindeutig dafür aus, dass Dentallabore weiterhin als Sonderanfertiger gelten. Als solche müssen Dentallabore vergleichsweise deutlich weniger Verpflichtungen erfüllen. Nichtsdestotrotz hält die MDR für Hersteller von Sonderanfertigungen ebenfalls eine Reihe an neuen Anforderungen bereit, die beachtet und im Laboralltag umgesetzt werden müssen. Im Folgenden finden Sie eine Auflistung der aus unserer Sicht wichtigsten Anforderungen an das Dentallabor, ohne damit einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben.

MDR: Anhang I - Kapitel 1, Absatz 3

Die Durchführung einer Risikobetrachtung reicht nach Inkrafttreten der MDR nicht mehr aus. Die neue Medizinprodukterichtlinie fordert die Einführung eines systematischen Risikomanagementsystems. Hierzu gehören bspw. die Erstellung und Pflege eines Risikomanagementplans, einer Risikoanalyse sowie eines Sicherheitsberichtes und Plans zur Überwachung. Das Ziel sollte dabei sein, das Risiko für den Patienten zu minimieren und somit die Patientensicherheit zu steigern.

MDR: Kapitel II, Artikel 10, Absatz 10 & Kapitel VII, Abschnitt 1, Artikel 83, 84, 86

Damit das Dentallabor seiner Hersteller-Verantwortung als Sonderanfertiger auch nach dem Inverkehrbringen ausreichend gerecht wird, fordert die MDR, dass ein System zur Überwachung nach dem Inverkehrbringen etabliert wird. Hiermit wird ein proaktiver Prozess beschrieben, bei dem Informationen über Medizinprodukte, die bereits in Verkehr gebracht wurden, aufgezeichnet und ausgewertet werden müssen, bspw. über einen »Plan zur Überwachung und Sicherheitsbericht«.

MDR: Kapitel II, Artikel 10, Absatz 12,13,16 & Kapitel VII, Abschnitt 2, Artikel 87

Zukünftig reicht eine einfache Meldung eines Vorkommnisses nicht mehr aus. Die MDR fordert von den Dentallaboren, dass ein dokumentiertes Meldesystem für die Erfassung von Vorkommnissen, Meldung von schwerwiegenden Vorkommnissen und Rückrufen etabliert wird.

MDR: Kapitel II, Artikel 15

Der Artikel 15 der MDR fordert, dass jeder Medizinproduktehersteller sowie Hersteller von Sonderanfertigungen eine oder mehrere für die Einhaltung der Regulierungsvorschriften verantwortliche Person(en) benennt – eine Ausnahme gilt für Kleinst- und Kleinunternehmen (siehe Absatz 2 Artikel 15 MDR). Die für die Einhaltung der Regulierungsvorschriften verantwortliche Person löst somit den Sicherheitsbeauftragten ab – der Aufgabenumfang nimmt allerdings vergleichsweise zu. Bei der Benennung ist jedoch darauf zu achten, dass die für die Regulierungsvorschriften verantwortliche(n) Person(en) über eine entsprechende berufliche Qualifikation verfügt, d.h. mindestens 2 Jahre Berufserfahrung in der Zahntechnik. 

MDR: Artikel 25, Anhang XIII

5.1 Gewährleistung der Rückverfolgbarkeit

Hierzu gehört beispielsweise die Dokumentation aller Chargennummern für die in der gelieferten Restauration verwendeten und verbleibenden Komponenten und die Etablierung eines Systems zur Chargenrückverfolgbarkeit - z.B. über den Auftragszettel oder mit Hilfe einer Warenwirtschaftssoftware. Die Chargendokumentation hat den Vorteil, dass bei einem Materialrückruf oder schwerwiegenden Vorkommnis der vom Rückruf Betroffene schnell ermittelt und somit die Rückrufdurchführung effizient erfolgen kann. Des Weiteren wurde die Aufbewahrungsfrist für die Dokumentation auf mind. 10 Jahre erhöht; im Falle implantierbarer Medizinprodukten auf mind. 15 Jahre.

5.2 Anpassung der Konformitätserklärung

Mit Erfüllung der Voraussetzungen der neuen Medizinprodukteverordnung muss die Erklärung der Konformität ebenfalls an die MDR angepasst werden.

Bei den vorangegangenen Ausführungen handelt es sich um eine verkürzte Einschätzung bezüglich der Anforderungen an die Dentallabore mit Inkrafttreten der neuen Medizinprodukteverordnung. Der VDZI hat zu diesem Thema eine ausführliche Broschüre „Die Europäische Medizinprodukteverordnung (MDR) für Dentallabore“ mit Tipps und Handlungsempfehlungen veröffentlicht.

Zusammenfassung

Die neue Medizinprodukteverordnung bedeutet einen erhöhten Arbeitsaufwand für die Dentallabore und stellt diese vor eine Herausforderung. Dabei sollten allerdings nicht die positiven Aspekte in den Hintergrund geraten. Die MDR unterstützt den Anspruch, den Zahnersatz auf einem hohen Qualitätsniveau reproduzierbar herzustellen und somit Produktqualität und -sicherheit zu verbessern. Gleichzeitig können sich die Dentallabore durch die Dokumentation der Prozesse juristisch absichern. Der wichtigste Aspekt ist jedoch der Schutz des Patienten vor fehlerhaften oder risikobehafteten Medizinprodukten, denn unabhängig von der aktuell gültigen Medizinprodukterichtlinie bleibt das Ziel unberührt, die Gesundheit und das Wohlbefinden des Patienten durch die Versorgung mit hochwertigem Zahnersatz zu verbessern.

Als die Dental Direkt GmbH ist es unser Anliegen, Sie bei der Erfüllung und Umsetzung der MDR-Anforderungen in Ihrem Laboralltag zu unterstützen. Dazu finden Sie zu den folgenden Themenpunkten noch weitere hilfreiche Informationen.

QUELLEN:

VDZI Broschüre, Manches neu – manches anders – manches mehr. Die europäische Medizinproduktverordnung (MDR) für Dentallabore, Berlin 2019.